Frage:
Interpretationen - warum?
kelax9
2007-06-26 13:08:06 UTC
Ich kann einfach nicht verstehen wieso man ein Gedicht oder einen Text so "zerlegen" kann, indem man alles interpretiert. Warum lässt man ein Gedicht nicht einfach nur Gedicht sein? Man kann doch eigentlich nur fehlinterpretieren, denn das was der Autor sagen will weiß nur er selber und niemand kann genau so denken und fühlen wie er.
Also wieso?

Danke =)
Acht antworten:
Maresa
2007-06-26 13:23:07 UTC
Das was du hier beschreibst ist der Unterschied zwischen einem ersönlichen Gedicht und einem nennen wir es mal poetischen Gedicht. Es gibt Gedichte, die schreibt man nur für sich - und es gibt Gedichte, mit denen will man etwas ganz anderes ausdrücken, viel übergeordnetere, immer aktuelle Dinge. Und selbst Teenager, die ihre ersten Gedichtversuche starten, verwenden ganz bestimmte Elemente, die ihren eigenen Text ausmachen und die andere nicht verwenden würden - und dann stellt sich eben die Frage, warum eigentlich? Warum grade dieses Bild, warum nicht was anderes?



Eine gute Interpretation interpretiert in ein Gedicht nichts hinein, da setzt man sich nicht hin und sagt "Hier verwendet er nur a's, da war er depressiv" - sondern eine gute Interpretation versucht zu erschlüsseln, welche Inhalte dahinter stehen könnten, man kann die Inhalte übertragen z.B. kann man untersuchen, inwiefern sich bestimmte Teile der Biographie, bestimmte Erlebnisse des Autors im Werk wiederfinden lassen (also z.B, die VErarbeitung von Kiregserlebnissen). die großen Gedicht wurden nicht geschrieben, weil der Autor grade freie Zeit und jede Menge Probleme hatte, sondern sind in gewisser Weise immer Spiegel der Zeit des Autors und seiner eigenen Interpreation dieser Zeit. Eine gute Interreation kommt am Ende nicht zu einem Ergebnis, dass etwas über den Autor sagt, sondern erörtert letztendlich die Eindrücke, die man selbst von dem Gedicht hat - aber sie will nicht die alleinseligmachende Analyse sein.
anonymous
2007-06-27 12:40:26 UTC
Falls Du Interpretationen in der Schule meinst, ist die Antwort einfach: Das ist eine Leseübung. Damit übt man, einen Text gründlich und ganz genau zu lesen. Dafür sind Gedichte mit ihrer Gedankentiefe, ihren vielfältigen Sprachmitteln und ihrer engen Verknüpfung von Form und Inhalt geeigneter als z.B. Zeitungsartikel. Und schöner obendrein.



Falls Du auch hier nach dem Warum fragst: 1. lernst Du so Techniken, mit denen Du Texte verstehen kannst, die Du vielleicht beim ersten oberflächlichen Lesen nicht verstehst (das müssen keine literarischen sein); 2. lernst Du so die manipulative Dimension der Sprache kennen - mit welchen Stilmitteln versucht der Autor welche Emotionen beim Leser/Hörer zu wecken -, was Dich im Endeffekt weniger leicht manipulierbar macht; 3. lernst Du diese Mittel natürlich indirekt auch einzusetzen - falls Du selber mal ein Gedicht oder eine Rede oder eine Gebrauchsanleitung schreiben willst.



Ich finde, das sind eine Menge guter Gründe. Wenn Du es dann noch schaffst, darüber nicht die Schönheit des Gedichts aus dem Auge zu verlieren, den Appell an Deine Gefühle wahrzunehmen, hast Du das ganze Bild.
H²SO4
2007-06-26 20:18:26 UTC
Interpretationen können nie falsch sein. Ich persönlich finde es immer wieder interessant Gedichte, aber auch Parabeln, Gleichnisse oder sonstige Texte zu analysieren. Dabei kommt es auch weniger darauf an die "richtige" Aussage zu finden als vielmehr festzustellen wie der Autor Form und Inhalt verbindet um so gewisse Emotionen hervorzurufen. Außerdem, was bringt dir ein Gedicht wenn du die Aussage nicht verstehst?
anonymous
2007-06-27 13:18:21 UTC
Alles in der Kunst wird interpretiert. So, wie man das Gedicht

einordnet, ob es z. B. ein Sonett, eine Ballade, Romanze oder Elegie ist , was sich aus Versform und Aussage ergibt, bezeichnet man auch die musikalischen Werke als z.B Symphonie oder Konzertstück , gliedert sie auf wie die Gedichte in Aussage, Rhytmik, Metrik,erspürt die Gefühlswelt des Autors oder Komponisten und ebenso ist es mit Gemälden, die man auf gleiche Weise fast zentimeterweise interpretiert, die Symbolik der Farbwahl berücksichtigt und die Pinselführung beurteilt.Alles dient dem Verständnis des Beschauers, dem damit die Qualität des Werkes nahegebracht wird.
wollsoeckchen88
2007-06-26 20:17:50 UTC
weil dann viele Deutschlehrer arbeitlos wären



manche Menschen wollen eben herausbekommen, warum das Gedicht geschrieben worde und wie sich der Dichter dabei fühlte



ich meine, man kann den Dichter ja nicht mal eben einfach fragen



und das ist ja auch der Sinn, der dahinter steckt, warum Dichter überhaupt Gedichte dichten und veröffentlichen



der gemeine Mann von der Straße soll darüber nachdenken und zwischen den Zeilen lesen, was der Dichter zu sagen beabsichtigt



das und nichts anderes ist eine Interpretation
Zigeunerlieschen
2007-06-27 11:33:43 UTC
Denke ebenso wie Du, das ist, als ob man einen Käfer in seine Einzelbestandteile zerupft und ihn sich dann anschaut - das wichtigste am Gedicht - erfasst Du sehr individuell mit dem Herzen - das kann kein Deutschlehrer bewerten, dennoch ist es oft interessant, zu welchen Stilmitteln die Dichter greifen, um z.B. lautmalersich zu arbeiten (Regen tropft, zopft und rauscht - schönes Klangbild), welchen Rhtmus er angedacht hatte (Atmung beeinflusst unserer Wahrnehmung einer Sache - kann man im Gedicht durch schnelleren oder langsameren Rhytmus schön rüberbringen)



Sieh´s mal so wie der kleine Prinz: Das wesentliche ist für die Augen unsichtbar...;-) nichts desto trotz ist eine Interpretation, gerade für ungeübte Gedichtleser eine Hilfe zum besseren verständniss, welche Absichten, Emotionen der Künstler rüber bringen wollte...
Alki CS
2007-06-26 20:31:50 UTC
Ich glaube, dass eine Interpretation eines Gedichtes oder was auch immer mehr über einen selbst als über das Gedicht selbst aussagt und dass, wie du schon meintest, eigentlich keine Interpretation einem Gedicht seiner reinen Form gerecht werden kann.

Aber trotzdem finde ich, dass eben die Interpretation eines Kunstgegenstandes wichtig für einen Menschen sein kann, weil sich für ihn damit eine Art der Definition für sich selbst und sagen wir mal die Welt erschliesst, die er ohne einem Kunstwerk wie diesem nicht gehabt hätte.
anonymous
2007-06-27 07:36:09 UTC
Das sind die allesklugen Pauker, die uns belehren wollen. Eigentlich eine Gemeinheit, sich dort im Interesse des Gedichtes als Interpretitör aufzuspielen. Die Wirkung des Gedichtes ist doch viel, viel schöner. So war es in der DDR. Da wurden die Gedichte Goethes im Sinne von Ulbricht und Honecker ausgelegt, als wenn Goethe den Sozialismus vergötterte. Das war so lachhaft und pentrant. Haben sich denn diese Lehrer nicht geschämt, einen solchen Blödsinn zu verzapfen.


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
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