Frage:
Welches ist euer Lieblingsgedicht / text?
Emily
2007-07-08 07:24:37 UTC
Welches ist euer Lieblingsgedicht / text?
Neun antworten:
anonymous
2007-07-09 06:34:46 UTC
Mein absolutes Lieblingsgedicht ist von Erich Fried "Es ist was es ist"



Es ist Unsinn

sagt die Vernunft

Es ist was es ist

sagt die Liebe



Es ist Unglück

sagt die Berechnung

Es ist nichts als Schmerz

sagt die Angst

Es ist aussichtslos

sagt die Einsicht

Es ist was es ist

sagt die Liebe



Es ist lächerlich

sagt der Stolz

Es ist leichtsinnig

sagt die Vorsicht

Es ist unmöglich

sagt die Erfahrung

Es ist was es ist

sagt die Liebe
alf_the_animal
2007-07-08 14:35:31 UTC
Hallo , das ist und bleibt "Der Rabe" von Edgar Allen Poe !



Der Rabe



Einst zur Nachtzeit, trüb und schaurig, als ich schmerzensmüd und traurig

Saß und brütend sann ob mancher seltsam halbvergessnen Lehr', -

Als ich fast in Schlaf gefallen, hörte plötzlich ich erschallen

An der Tür ein leises Hallen, gleich als ob's ein Klopfen wär'.

"S ist ein Wandrer wohl", so sprach ich, "der verirrt von ungefähr,

Ein Verirrter, sonst Nichts mehr."





In der rauhsten Zeit des Jahres, im Dezembermonat war es,

Klackernd warf ein wundervolles Licht das Feuer rings umher.

Heiß ersehnte ich den Morgen; -- aus den Büchern, ach, zu borgen

War kein Trost für meine Sorgen um die Maid geliebt so sehr,

Um die Maid, die jetzt Lenore wird genannt im Engelsheer -

Hier, ach, nennt kein Wort sie mehr!





Jedes Rascheln, jedes Rauschen in des seidnen Vorhangs Bauschen

Weckt in mir ein ängstlich Grausen, das ich nie gefühlt vorher,

Also daß mein Herzenspochen zu betäuben, ich gesprochen:

"Ei, wer sollte jetzt wohl pochen, wenn es nicht ein Wandrer wär'? -

Ja, ein Wandrer, der an meiner Tür verirrt von ungerfähr -

Das wird's sein, und sonst Nichts mehr."





Und ermutigt jetzo stand ich auf, und Kraft und Ruhe fand ich;

"Um Verzeihung, Herr", so sprach ich, "oder Dame, oder wer!

Doch ich war in Schlaf gefallen, und so leise war das Schallen

Eures Pochens, daß sein Hallen kaum gedrungen zu mir her."-

Damit stieß ich auf die Türe: - "Tretet ein, wer da ist, wer!"-

Dunkel rings, und sonst Nichts mehr."





Ängstlich in das dunkel starrend blieb ich stehn, verwundert, harrend,

Träume träumend, die kein armer Erdensohn geträumt vorher.

Doch nur von des Herzens Pochen ward die Stille unterbrochen,

Und als einz'ges Wort gesprochen ward: "Leonore?" kummerschwer,

Selber sprach ich's und "Leonore!" trug das Echo zu mir her, -

Nur dies Wort, und sonst nichts mehr.



Und zurückgekehrt ins Zimmer, stürmisch aufgeregt wie nimmer,

Hört' ich bald ein neues Klopfen, etwas lauter als vorher.

"Sicher an dem Fensterladen pocht' es - wohl es kann nicht schaden,

Daß ich suche nach dem Faden, der dies Rätsel mir erklär', -

Still, mein Herz, ein Weilchen, daß ich dieses Rätsel mir erklär'!

'S ist der Wind, und sonst Nichts mehr!"





Auf riß ich das Fenster klirrend - siehe, gravitätisch schwirrend

Schritt ein Rabe, groß und mächtig, in das Zimmer zu mir her.

Nicht mit einem Gruß bedacht' er mich, kein Dankeszeichen macht' er,

Vornehm stolz zur Ruhe bracht' er sein Gefieder, regenschwer,

Flog auf eine Pallasbüste ob der Türe sacht und schwer

Saß dort still und sonst Nichts mehr.





Und der schwarze Vogel machte, daß ich trotz der Trauer lachte,

So possierlich ernst und finster saß ob meiner Türe er.

"Ob dein Kamm auch kahl geschoren, bist als Feigling nicht geboren,

Alter Rabe, der verloren irrt im nächt'gen Schattenmeer!

Sprich, wie bist du denn geheißen im pluton'schen Schattenmeer?"

Sprach der Rabe: "Nimmermehr."





Und den Unhold mit Erstaunen hört' ich also deutlich raunen,

Ob die Antwort auch geschienen wenig tief und inhaltsschwer;

Denn wir müssen wohl gestehen, daß es Keinem noch geschehen,

Einen Vogel je zu sehen, der vor ihm gesessen wär',

Mit dem Namen "Nimmermehr".





Doch der Rabe auf der Büste sprach das Wort, als wüßte

Dies er nur, als ob sein ganzes Herz darin ergossen wär',

Nichts, das weiter ihn erregte, keine Feder er bewegte,

Bis ich leis die Lippen regte: "Andre Freunde flohn seither -

Morgen wird auch er entfliehen, wie die Hoffnung floh seither."

Sprach der Vogel: "Nimmermehr."





Als die Stille unterbrochen, jenes Wort, so klug gesprochen,

Dacht' ich: Was er sagt, ist sicher seine ganze Mär' und Lehr',

Die er seinem Herrn, dem armen, abgelauscht, den ohn' Erbarmen

Schlug das Unglück, bis der warmen Hoffnung Stern erlosch im Meer,

Bis von einer Trauerklage alle seine Lieder schwer,

Von der Klage: "Nimmermehr."





Immer noch der Rabe machte, daß ich trotz der Trübsal lachte;

Einen Sammetsessel endlich rollt' ich näher zu ihm her.

In die Polster mich versenkend, sann ich, Arm in Arm verschränkend,

Träumrisch nach, bei mir bedenkend, was von dieses Vogels Mär',

Was der Sinn von des gespenstisch finstern Vogels Krächzen wär',

Der da schnarrte: "Nimmermehr."





Also düstern Sinnens pflag ich, doch kein Wort zum Vogel sprach ich,

Ob sein Feuerauge brennend mir am tiefsten Herzen zehr'.

Dies und mehr wünscht' ich zu wissen, meine Brust von Schmerz zerrissen,

Als ich ruht' auf sammtnen Kissen, überstrahlt vom Lichte her,

Ach, auf diesen sammtnen Kissen, überstrahlt vom Lichte her,

Ruhet sie jetzt nimmermehr!





Schwül dann ward und qualmig enge um mich her die Luft, als schwänge

Unsichbare Weihrauchfässer, wandelnd leis, ein Seraphsheer.

"Gott hat Trost für dich erkoren durch die Engel lichtgeboren!"

Rief ich, - "o vergiß Lenoren, die dein Herz geliebt so sehr

Atme auf, vergiß Lenoren, die geliebt du allzu sehr!" -

Sprach der Rabe: "Nimmermehr!"





"Düstrer Bote!" frug voll Zweifel ich, "ob Vogel oder Teufel, -

Ob dich der Versucher sandte, ob der Sturm dich jagte her, -

Du, der nimmer mcih verschonet, der im Unholdslande wohnet,

Wo das nächt'ge Grauen thronet, künde mir, was ich begehr':

Ist kein Balsam denn in Gilead? - künde was ich heiß begehr'!"

Sprach der Rabe: "Nimmermehr!"





"Düstrer Bote!" frug voll Zweifel ich, "ob Vogel oder Teufel!

Bei dem Himmel droben, bei dem Gott, den ich, wie du, verehr':

Find' ich, sprich!, an Edens Toren wieder einst, die ich verloren,

Jene Maid, die man Lenoren jetzt man nennt im Engelsheer?" -

Sprach der Rabe: "Nimmermehr!"





"Vogel oder Teufel, hebe dich hinweg!", so rief ich, "schwebe

wieder in den Sturm zurück und in das nächt'ge Schattenmeer!

Keine Feder laß als Zeichen mir der Lüge sonder Gleichen!

Sollst von meiner Tür entweichen! Von der Büste fort dich scheer!

Fort! Und reiß aus meinem Herzen deines Schnabels scharfen Speer!" -

Sprach der Rabe: "Nimmermehr!"





Und der Rabe, schwarz und dunkel, sitzt mit krächzendem Gemunkel

Noch auf meiner Pallasbüste ob der Tür bedeutungsschwer.

Seine Dämonenaugen glühen unheilvoll mit wildem Sprühen,

Seiner Flügel Schatten ziehen an dem Boden breit umher,

Und mein Herz wird aus dem Schatten, der mich einhüllt weit umher,

Sich erheben - nimmermehr!
anonymous
2007-07-08 15:35:52 UTC
Das ist mein Lieblings Gedicht



Fingerspitzengefühl



Gefühl kann ganz verschieden sitzen:

Einer hat es in den Fingerspitzen,

Bei Manchen aber ist's verzogen

Hinauf bis an die Ellenbogen.

Es ist zwar dann nicht mehr ganz fein,

Doch soll es sehr von Vorteil sein.



Nach Eugen Roth
anonymous
2007-07-08 14:53:30 UTC
das war ja eine wirklich nette frage, ich habe einmal selbst ein gedicht geschrieben für ein mädchen:



Die Liebe, die Du mir schenkst

ist viel mehr, als Du jetzt denkst



sie ist ein Hauch, ein Frühligsgruß,

so wonnig mild, ist jeder Kuß



gern bind ich dieses Band der Herzen

für alle Zeit, in Freund und Schmerzen





Hoffe es gefällt Dir

Gruß Günter
anonymous
2007-07-08 19:42:34 UTC
Ein Mensch, von Büchern hart bedrängt,

An die er lang sein Herz gehängt,

Beschliesst, voll Tatkraft sich zu wehren,

Eh sie kaninchenhaft sich mehren.

Sogleich, aufs Äusserste ergrimmt,

Er ganze Reih´n von Schmökern nimmt

Und wirft sie wüst auf einen Haufen,

Sie unbarmherzig zu verkaufen.

Der Haufen liegt, so wie er lag,

Am ersten, zweiten, dritten Tag,

Der Mensch beäugt ihn ungerührt

Und ist dann plötzlich doch verführt,

Noch einmal hinzusehn genauer -

Sieh da, der schöne Schopenhauer...

Und schlägt ihn auf und liest und liest,

Und merkt nicht, wie die Zeit verfliesst...

Beschämt hat er nach Mitternacht

Ihn auf den alten Platz gebracht.

Dorthin stellt er auch eigenhändig

Den Herder, achtundzwanzigbändig.

E.T.A.Hoffmanns Neu- Entdeckung.

Schützt diesen auch vor Zwangs- Vollstreckung.

Kurzum, ein Schmöker nach dem andern

Darf wieder auf die Bretter wandern.

Der Mensch, der so mit halben Taten

Beinah schon hätt den Geist verraten,

Ist nun getröstet und erheitert,

Dass die Entrümpelung gescheitert.



Von Eugen Roth
?
2007-07-08 14:55:21 UTC
Der Zauberlehrling und der Erlkönig - beide von Goethe.
Maresa
2007-07-08 14:43:22 UTC
Mein ewiger Favorit ist "Funeral Blues" von. W.H.Auden;



Stop all the clocks, cut off the telephone,

Prevent the dog from barking with a juicy bone.

Silence the pianos and with muffled drum

Bring out the coffin, let the mourners come.



Let aeroplanes circle moaning overhead

Scribbling on the sky the message He is Dead,

Put crépe bows round the white necks of the public doves,

Let the traffic policemen wear black cotton gloves.



He was my North, my South, my East and West,

My working week and my Sunday rest,

My noon, my midnight, my talk, my song,

I thought that love would last forever: 'I was wrong'



The stars are not wanted now, put out every one;

Pack up the moon and dismantle the sun;

Pour away the ocean and sweep up the wood.

For nothing now can ever come to any good.





Dann noch sehr viele von Heine und Klopstock, ein bisschen was von Detlev von Liliencron, Heinz Erhardt und Paul Celan. Und jede Menge Erich Kästern. Und einzelne Gedichte, die ich etzt nicht alle aufzähle kann ;-)
soraya
2007-07-08 14:34:44 UTC
etwas auf persisch von ahmad shamloo,den du vielleicht nicht kennst aber was du geschrieben hast ist sehr schön
narya
2007-07-08 14:30:16 UTC
Mein Lieblingsgedicht stammt vom Grossmeister persönlich: Shakespeare:



Shall I compare thee to a summer's day?

Thou art more lovely and more temperate.

Rough winds do shake the darling buds of May,

And summer's lease hath all too short a date.

Sometime too hot the eye of heaven shines,

And often is his gold complexion dimm'd;

And every fair from fair sometime declines,

By chance or nature's changing course untrimm'd;

But thy eternal summer shall not fade

Nor lose possession of that fair thou ow'st;

Nor shall Death brag thou wander'st in his shade,

When in eternal lines to time thou grow'st:

So long as men can breathe or eyes can see,

So long lives this, and this gives life to thee.



(Ist glaube ich Sonnett Nr. 18)



Deines ist aber auch wunderschön, gratulation dazu!!


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
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