anonymous
2010-03-12 15:41:15 UTC
Sol ich mein letztes End / und ersten Anfang finden -
So muß ich mich in Gott / und Gott in mir ergründen.
Und werden das was Er: Ich muß ein Schein im Schein /
Ich muß ein Wort im Wort / ein Gott in Gotte seyn.
Daß Gott so seelig ist und Lebet ohn Verlangen /
Hat Er so wol von mir / als ich von Ihm empfangen.
Ich bin so groß als Gott / Er ist als ich so klein:
Er kan nicht über mich / ich unter Ihm nicht seyn.
Gott ist in mir das Feur / und ich in Ihm der Schein:
Sind wir einander nicht - ganz Inniglich gemein?
Mensch wo du deinen Geist schwingst über Ort und Zeit /
So kanst du jeden Blick seyn in der Ewigkeit.
Ich selbst bin Ewigkeit / wann ich die Zeit Verlasse /
Und mich in Gott / und Gott in mir erfasse.
Ich bin so Reich als Gott / es kan kein Stäublein seyn /
Das ich (Mensch glaube mir) mit Ihm nicht hab gemein
Angelus Silesius ( 1624 - 1677 )
Ich würde mich freuen noch mehr solcher Gedichte über die mystische Verbindung des Menschen mit der göttlichen Natur, der Weltseele oder einer universellen Kraft zu lesen.
Einiges habe ich im Net gefunden, vielleicht bekomme ich hier ja noch ein paar weitere Verse :)