Frage:
Was ist euer Lieblingsgedicht?
jop.......
2009-03-10 08:24:30 UTC
Was ist euer Lieblingsgedicht?
Sechszehn antworten:
anonymous
2009-03-10 08:40:47 UTC
Es gibt Engel, die nicht das Recht auf den Namen” Engel” haben.

Nur, weil ihren Körpern etwas zum Engel fehlt…

Nur, weil ihre Augen rot sind…

...oder sie das Kind zweier Engel sind, die sich lieben.

Nur, weil sie in dieser Welt geboren wurden…

Mussten sie sterben!

Und nun, so sprach Gott, ist mein Werk vollkommen
Jo Lee
2009-03-10 15:34:17 UTC
Die Entwicklung der Menschheit - Erich Kästner



Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,

behaart und mit böser Visage.

Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt

und die Welt asphaltiert und aufgestockt,

bis zur dreißigsten Etage.

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,

in zentralgeheizten Räumen.

Da sitzen sie nun am Telefon.

Und es herrscht noch genau derselbe Ton

wie seinerzeit auf den Bäumen.



Sie hören weit. Sie sehen fern.

Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.

Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.

Die Erde ist ein gebildeter Stern

mit sehr viel Wasserspülung.



Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.

Sie jagen und züchten Mikroben.

Sie versehn die Natur mit allem Komfort.

Sie fliegen steil in den Himmel empor

und bleiben zwei Wochen oben.



Was ihre Verdauung übrigläßt,

das verarbeiten sie zu Watte.

Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.

Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,

daß Cäsar Plattfüße hatte.



So haben sie mit dem Kopf und dem Mund

Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.

Doch davon mal abgesehen und

bei Lichte betrachtet sind sie im Grund

noch immer die alten Affen.
anonymous
2009-03-12 13:53:28 UTC
Ich mag Texte von Muriel Rukeyser, die häufig mit Momentaufnahmen/ Fragmenten/ Erinnerungssplittern arbeitet, zB auch in diesem Liebesgedicht



Effort at Speech between two people -- Muriel Rukeyser



: Speak to me. Take my hand. What are you now?

I will tell you all. I will conceal nothing.

When I was three, a little child read a story about a rabbit

who died, in the story, and I crawled under a chair :

a pink rabbit : it was my birthday, and a candle

burnt a sore spot on my finger, and I was told to be happy.



: Oh, grow to know me. I am not happy. I will be open:

Now I am thinking of white sails against a sky like music,

like glad horns blowing, and birds tilting, and an arm about me.

There was one I loved, who wanted to live, sailing.



: Speak to me. Take my hand. What are you now?

When I was nine, I was fruitily sentimental,

fluid : and my widowed aunt played Chopin,

and I bent my head to the painted woodwork, and wept.

I want now to be close to you. I would

link the minutes of my days close, somehow, to your days.



: I am not happy. I will be open.

I have liked lamps in evening corners, and quiet poems.

There has been fear in my life. Sometimes I speculate

on what a tragedy his life was, really.



: Take my hand. Fist my mind in your hand. What are you now?

When I was fourteen, I had dreams of suicide,

I stood at a steep window, at sunset, hoping toward death :

if the light had not melted clouds and plains to beauty,

if light had not transformed that day, I would have leapt.

I am unhappy. I am lonely. Speak to me.



: I will be open. I think he never loved me:

he loved the bright beaches, the little lips of foam

that ride small waves, he loved the veer of gulls:

he said with a gay mouth : I love you. Grow to know me.



: What are you now? If we could touch one another,

if these our separate entities could come to grips,

clenched like a Chinese puzzle . . . yesterday

I stood in a crowded street that was live with people,

and no one spoke a word, and the morning shone.

Everyone silent, moving . . . Take my hand. Speak to me.



Und diese beiden Gedichte hängen bei mir an der Wand. Samuel Butler war sein Leben lang Single, hatte aber Jahrzehnte lang Kontakt zu einer Miss Savage, die ihn liebte, die er aber nicht liebte. Jahre nachdem sie starb schrieb er diese beiden Sonette - wobei ich interessant finde, dass er das Sonett als Form verwendet hat, das traditionellerweise die Form fürs Liebesgedicht schlechthin ist - und außerdem als Kommentar unter die Gedichte schrieb: "Jaja, bevor das hier wer missversteht: ich war niemals in diese Frau verliebt!" Ansonsten ist das Gedicht auch ganz witzig.



by Samuel Butler to a certain Miss Savage who died in 1885:



She was too kind, wooed too persistently,

Wrote moving letters to me day by day;

The more she wrote, the more unmoved was I,

The more she gave, the less I could repay.

Therefore I grieve not that I was not loved

But that, being loved, I could not love again.

I liked; but like and love are far removed;

Hard though I tried to love I tried in vain.

For she was plain and lame and fat and short,

Forty and over-kind. Hence it befell

That, though I loved her in a certain sort,

Yet did I love too wisely but not well.

Ah! Had she been more beauteous or less kind,

She might have found me of another mind.



(1901)





And now, though twenty years are come and gone,

That little lame lady..s face is with me still;

Never a day but that, on every one,

She dwells with me, as dwell she ever will.

She said she wished I knew not wrong from right;

It was not that; I knew, and would have chosen

Wrong if I could, but, in my own despite,

Power to choose wrong in my chilled vains was frozen.

..Tis said that if a woman woo, no man

Should leave her till she have prevailed; and, true,

A man will yield for pity if he can,

But if the flesh rebels what can he do?

I could not. Hence I grieve my whole life long

The wrong I did in that I did no wrong.



Und ansonsten mag ich noch Gedichte von Erich Fried, T.S. Eliot und die Nonsensgedichte von Joachim Ringelnatz. zB:



RITTER SOCKENBURG

Wie du zärtlich deine Wäsche in den Wind

Hängst, liebes Kind

Vis à vis,

Diesen Anblick zu genießen,

Geh ich, welken Efeu zu begießen.

Aber mich bemerkst du nie.

Deine vogelfernen, wundergroßen

Kinderaugen, ach erkennen sie

Meiner Sehnsucht süße Phantasie,

Jetzt ein Wind zu sein in deinen Hosen – ?

Kein Gesang, kein Pfeifen kann dich locken.

Und die Sehnsucht läßt mir keine Ruh.

Ha! Ich hänge Wäsche auf, wie du!

Was ich finde. Socken, Herrensocken;

Alles andre hat die Waschanstalt.

Socken, hohle Junggesellenfüße

Wedeln dir im Winde wunde Grüße.

Es ist kalt auf dem Balkon, sehr kalt.

Und die Mädchenhöschen wurden trocken,

Mit dem Winter kam die Faschingszeit.

Aber drüben, am Balkon, verschneit,

Eisverhärtet, hingen hundert Socken.

Ihr Besitzer lebte fern im Norden

Und war homosexuell geworden.
Alter Ego
2009-03-10 15:30:12 UTC
"Mondnacht" von Eichendorff

alles von Erich Kästner

und

"Was es ist", von Erich Fried.http://de.wikipedia.org/wiki/Mondnacht

http://www.erichfried.de/Was%20es%20ist.htm
anonymous
2009-03-11 14:54:08 UTC
Erich Fried ist genial

Buch "Es ist, was es ist" und "Liebesgedichte"



und dann kommt Mascha Kaléko

Buch "Mein Lied geht weiter"



und dann kommt Christian Morgenstern

Buch "Wir fanden einen Pfad"



und dan kommt Rabindranath Tagore

Buch "Liebesgedichte"





Tief in deinem Herzen verborgen

Liebst du für Wachsen und Werden zu sorgen

Der Same wird Spross, die Knospe zur Blüte

die reifende Blume zur fruchtenden Güte



Müde schlief ich auf müssigem Bette

im Wahn, das die Arbeit ein Ende hat-

Am Morgen wachte ich auf und fand

dass mein Garten voll Blumenwunder stand



Tagore
shaniahb70
2009-03-10 15:41:26 UTC
Als Klassiker: "John Maynard" von Theodor Fontane und wenn es ein wenig bunter sein darf, der unsterbliche Heinz Erhardt mit "Unter dem Apfelbaum", die kennt eigentlich jeder.



Weniger bekann mein Hauptfavorit:



Eva Rechlin, In dieser Minute



In der Minute, die jetzt ist-

und die du gleich nachher vergisst,

geht ein Kamel auf allen vieren

im gelben Wüstensand spazieren.

Und auf dem Nordpol fällt jetzt Schnee,

und tief im Titicacasee

schwimmt eine lustige Forelle.

Und eine hurtige Gazelle

springt in Ägypten durch den Sand.

Und weiter weg im Abendland

schluckt jetzt ein Knabe Lebertran.

Und auf dem großen Ozean

fährt wohl ein Dampfer durch den Sturm.

In China kriecht ein Regenwurm

zu dieser Zeit zwei Zentimeter.

In Prag hat jemand Ziegenpeter,

und in Amerika ist wer,

der trinkt grad seine Tasse leer,

und in Australien -huhu-

springt aus dem Busch ein Känguruh,

und hoch im Norden irgendwo,

da hustet jetzt ein Eskimo.

In Frankreich aber wächst ein Baum

ein kleines Stück, man sieht es kaum,

und in der großen Mongolei

schleckt eine Katze Hirsebrei.

Und hier bei uns, da bist nun du

und zappelst selber immerzu,

und wenn du das nicht ätest, wär

die Welt jetzt stiller als bisher!
raumgleiter
2009-03-10 15:30:43 UTC
Ein Klassiker, aber wunderschön:



STUFEN



Wie jede Blüte welkt

und jede Jugend dem Alter weicht,

blüht jede Lebensstufe,

blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe

bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

in and're, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

an keinem wie an einer Heimat hängen,

der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten!

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

und traulich eingewohnt,

so droht Erschlaffen!

Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

mag lähmender Gewohnheit sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

uns neuen Räumen jung entgegen senden:

des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!
anonymous
2009-03-10 15:42:02 UTC
Ich stimme Jo Lee zu.

Die Entwicklung der Menschheit ist ein wunderbares Gedicht :)

Wir haben es in der 8.Klasse gelernt. Eins der wenigen, was ich mit Freude gelernt habe.



Des Weiteren gefällt mir auch sehr gut dieses Kurzgedicht von Gottfried Keller:



Es blitzt ein Tropfen Morgentau

im Strahl des Sonnenlichts.

Ein Tag kann eine Perle sein

und ein Jahrhundert nichts.



MfG
tutti21093
2009-03-10 15:33:35 UTC
Der Erlkönig von Johann Wolfgang von Goethe <3
Bolle
2009-03-12 01:23:43 UTC
Herr von Ribbek auf Ribbek im Havelland.
Arthelus sucht nach Weisheit
2009-03-11 08:56:10 UTC
Leben



Du gehst über die Straße

Doch im letzten Augenblick

Ist da ein Gefühl

Und das hält dich davor zurück



Dein Blick schweift zur Seite

Zwei Schritte war'n noch drin

Verdammter Mist

Gleich war ich hin



Irgendwo doch paradox

Leben zerbrechlich alles Zufall

Schon so manches Mal kurz vor dem Kick

Hatte man Glück alles Schicksal



Immer wenn die Beine aus dem Bett sich erheben

Die Nacht vorbei ist doch der Tag liegt im Nebel

Die Spinne am Fenster hat wieder Beute gemacht

Ganz langsam und leise wird das Leben des Opfers gelöscht



Irgendwo doch paradox

Leben zerbrechlich alles Zufall

Schon so manches Mal kurz vor dem Kick

Hatte man Glück alles Schicksal



Jeder Tag bringt Leben

Jeder Tag bringt Tod

Immer wieder auf's Neue

Unzerstörbar gibt es Ebbe und Flut



Jeder Tag kann der Tag sein

An dem gar nichts mehr geht

Wie die Blätter an den Bäumen

Die mit dem Winde verwehn



Irgendwo doch paradox

Leben zerbrechlich alles Zufall

Schon so manches Mal kurz vor dem Kick

Hatte man Glück alles Schicksal



Du gehst über die Straße

Doch im letzten Augenblick

Ist da ein Gefühl

Und das hält dich davor zurück



Das Auto fährt weiter

Und du schaust zu

Es war nur ein Alptraum

Mach die Augen wieder zu





Ich finde das dieses Gedicht viel aussagt.
wasserbändigerin
2009-03-10 15:55:22 UTC
Ithaka



Wenn du deine Reise nach Ithaka antrittst,

so hoffe, dass der Weg lang sei,

reich an Entdeckungen und Erlebnissen.

Die Lästrygonen und die Zyklopen,

den zornigen Poseidon, fürchte sie nicht;

Solche findest du nie auf deinem Weg,

wenn deine Gedanken erhaben bleiben,

wenn erlesene Gefühle

deinen Geist und deinen Körper beherrschen.

Den Lästrygonen und den Zyklopen,

dem wilden Poseidon, ihnen wirst du nicht begegnen,

wenn du sie nicht in der Seele trägst,

wenn deine Seele sie nicht vor dich stellt.



Hoffe, dass der Weg lang sei,

voll Sommermorgen, wenn du,

mit welchem Vergnügen, mit welcher Freude,

in bisher unbekannte Häfen einfährst.

Unterbrich deine Fahrt in phönizischen Handelsplätzen,

und erwirb schöne Waren,

Perlmutt, Korallen, Bernstein und Ebenholz,

allerlei berauschende Essenzen,

soviel du vermagst an berauschenden Essenzen.

Besuche viele ägyptische Städte,

und lerne mehr und mehr von den Gelehrten.



Bewahre stets Ithaka in deinen Gedanken.

Dort anzukommen ist dein Ziel.

Aber beeile dich auf der Reise nicht.

Besser, dass sie lange dauert,

dass du als alter Mann erst vor der Insel ankerst,

Reich an allem, was du auf dem Weg erworben hast,

ohne die Erwartung, dass Ithaka dir Reichtum schenkt.



Ithaka hat dir eine schöne Reise beschert.

Ohne Ithaka wärest du nicht aufgebrochen.

Jetzt hat es dir nichts mehr zu geben.



Und auch wenn du es arm findest, hat Ithaka

dich nicht enttäuscht. Weise geworden,

mit solcher Erfahrung

begreifst du ja bereits, was Ithakas bedeuten.



Konstantinos Kavafis
enzian2
2009-03-10 15:52:07 UTC
Wenn ich dir sage „Ich liebe dich nicht“

Bitte schau mir nicht ins Gesicht



Denn nur ein Blick in meine Augen

Und du würdest mir niemals glauben



Wenn du mir sagst „du bist mir egal“

Schau mich nicht an, denn sonst siehst du die Qual



Die Qual die mein Herz zerfrisst

Weil es dich so sehr vermisst



Tag für Tag und Nacht für Nacht

Was hast du nur mit mir gemacht



Ich spiele Theater, der Star - das bin ich

Denn Liebster, natürlich liebe ich dich



Mehr als die Welt, mehr als mein Leben

Ich bin bereit dir alles zu geben



Doch du, du schlägst mir ins Gesicht

Willst meine Freundschaft und mehr nicht



Du tust mir so weh, ich glaub es kaum

Dich zu bekommen, das ist mein Traum



Ein Traum ist nicht wahr, das seh´ ich wohl ein

Doch vielleicht, nur vielleicht wird es einmal so sein.
?
2009-03-10 15:32:30 UTC
Ich will dein Freund sein.

Ich will für dich da sein,

wenn du mich brauchst.

Ich will die Angst mit dir teilen,

deine Hoffnung mit nähren,

bis alles gelingt,

was zu träumen du wagtest

Wir verstehen uns.

Wenn unsere Augen-Blicke sich treffen,

sagen sie oft mehr,

als Worte fassen können.

Im Schweigen verbinden sich

unsichtbare Gedanken zum Dialog.

Udo Hahn
anonymous
2009-03-10 15:48:25 UTC
Es gibt mehrere z. B.



Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris



Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe

so müd geworden, dass er nichts mehr hält.

Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe

und hinter tausend Stäben keine Welt.



Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,

der sich im allerkleinsten Kreise dreht,

ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,

in der betäubt ein großer Wille steht.



Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille

sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,

geht durch der Glieder angespannte Stille -

und hört im Herzen auf zu sein.



oder



TEDD A KEZED v. József Attila (1928): ein sehr schönes Liebesgedicht:



Tedd a kezed

homlokomra,

mintha kezed

kezem volna.



Leg deine Hand

auf meine Stirn,

als ob deine Hand,

meine wäre.



Úgy őrizz, mint

ki gyilkolna,

mintha éltem

élted volna.



Bewache es so, wie

wenn er morden würde,

als ob mein Leben,

deines wäre.



Úgy szeress, mint

ha jó volna,

mintha szívem

szíved volna.



Liebe so, als ob

es gut (richtig) wäre,

als ob mein Herz,

dein Herz wäre.



außerdem den Erlkönig und den Zauberlehrling, Afghanistan von Fontane, Die Bürgschaft (obwohl mehr Ballade als Gedicht) die Gedichte aus dem Mittelalter sind auch sehr schön bekannt ist z. B. Es liegt ein Schloß in Österreich (Verfasser unbekannt) und viele andere
._.
2009-03-10 15:39:18 UTC
Der Tantenmörder:

Ich hab meine Tante geschlachtet,

Meine Tante war alt und schwach;

Ich hatte bei ihr übernachtet

Und grub in den Kisten-Kasten nach.



Da fand ich goldene Haufen,

Fand auch an Papieren gar viel

Und hörte die alte Tante schnaufen

Ohn Mitleid und Zartgefühl.



Was nutzt es, daß sie sich noch härme -

Nacht war es rings um mich her -

Ich stieß ihr den Dolch in die Därme,

Die Tante schnaufte nicht mehr.



Das Geld war schwer zu tragen,

Viel schwerer die Tante noch.

Ich faßte sie bebend am Kragen

Und stieß sie ins tiefe Kellerloch. -



Ich hab meine Tante geschlachtet,

Meine Tante war alt und schwach;

Ihr aber, o Richter, ihr trachtet

Meiner blühenden Jugend-Jugend nach.



Und dann noch:



Der Rattenfänger:

Ich bin der wohlbekannte Sänger,

Der vielgereiste Rattenfänger,

Den diese altberühmte Stadt

Gewiß besonders nötig hat.

Und wärens Ratten noch so viele,

Und wären Wiesel mit im Spiele,

Von allen säubr ich diesen Ort,

Sie müssen miteinander fort.



Dann ist der gut gelaunte Sänger

Mitunter auch ein Kinderfänger,

Der selbst die wildesten bezwingt,

Wenn er die goldnen Märchen singt.

Und wären Knaben noch so trutzig,

Und wären Mädchen noch so stutzig,

In meine Saiten greif ich ein,

Sie müssen alle hinterdrein.





Dann ist der vielgewandte Sänger

Gelegentlich ein Mädchenfänger;

In keinem Städtchen langt er an,

Wo ers nicht mancher angetan.

Und wären Mädchen noch so blöde,

Und wären Weiber noch so spröde,

Doch allen wird so liebebang

Bei Zaubersaiten und Gesang.


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
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